Zu Beginn der Autorenlesung erzählte uns Eberhard Schellenberger, wie es überhaupt zu seiner Überwachung gekommen war. Obwohl er sich stets korrekt verhielt, wurde dennoch seitens der Stasi eine über 400 Seiten lange Akte über ihn verfasst. Angefangen hatte die Bespitzelung im Jahr 1984 bei einer ersten Reise in die DDR mit seiner Ehefrau, um dort lebende Brieffreunde persönlich kennenzulernen. Ab 1985 reiste er ferner als Journalist beruflich regelmäßig in die DDR – unter anderem aufgrund der Städtepartnerschaft Würzburg – Suhl. Durch thematisch darauf bezogene Radiosendungen, die auch in Suhl (wenn auch verbotenerweise) zu empfangen waren, schuf Schellenberger so eine enge Verbindung zwischen den Menschen beider Städte. In der DDR wurde er folglich bei sämtlichen Besuchen auf Schritt und Tritt überwacht und teilweise sogar von seinen journalistischen Begleitern und von Personen, mit denen er sich angefreundet hatte, heimlich bespitzelt.
Schließlich berichtete Schellenberger garniert mit zahlreichen Ton- und Videoaufnahmen der damaligen Zeit von der Phase nach dem Mauerfall am 9. November 1989, von den Grenzöffnungen zwischen Thüringen und Bayern mit den ersten „Trabis“ in fränkischen Kleinstädten und letztlich von der wiedergewonnenen Reisefreiheit. Als die beeindruckendste Reportage seines Lebens bezeichnete der Journalist die Liveübertragung der Feierlichkeiten des 3. Oktobers 1990 im bayerisch-thüringischen Grenzgebiet, wo sich um Mitternacht Menschen aus Ost und West in den Armen lagen und feierlich die (nun) gemeinsame Nationalhymne anstimmten. Allein das Abspielen dieser Aufnahme ließ die Gänsehautstimmung der damaligen Zeit eindrücklich nachempfinden.
Gegen Ende des Vortrags folgten noch einmal nachdenkliche Töne angesichts bleibender politischer Herausforderungen, die sich auch 35 Jahre nach dem Mauerfall und der „friedlichen Revolution“ für das wiedervereinigte Deutschland stellen. Zudem herrscht wieder Krieg in Europa und heute kämpfen Menschen in der Ukraine im Gegensatz zu damals auf blutige Weise um ihre Freiheit.
„Freiheit ist nicht alles, aber ohne Freiheit ist alles nichts.“ Dieses Zitat von Ilse Oberland schrieb Eberhard Schellenberger nach der Lesung als Widmung in zwei signierte Exemplare seiner Bücher, die er anschließend der Schulbibliothek des Hans-Sachs-Gymnasiums bzw. der Fachschaft Geschichte überließ. Wer also noch einmal vertieft in die Thematik eintauchen will, hat jederzeit die Möglichkeit, eines der Exemplare in der Schule auszuleihen.
Zum Schluss der Veranstaltung drückte das HSG Herrn Schellenberger neben einer Spendensammlung für „Sternstunden“ mit selbst gebrautem P-Seminar-Bier und Honig der Schulimkerei (Danke an Herrn Westphal!) seinen besonderen Dank für den Vortrag aus.
Ein weiterer Dank gilt vor allem Herrn Mauder und dem AK-Technik für die Bereitstellung der Sound- und Lichtanlage sowie allen Schülerinnen und Schülern, die beim Auf- und Abbau mitgeholfen haben.
Luisa Hochgraef, 11a und Ludwig Jetschke